Die gute Stimmung beim Branchentreff in München spiegelt sich leider nicht in den aktuell veröffentlichten Zubauzahlen wider. Das gemeldete Ergebnis der Bundesnetzagentur für April war mit einer Leistung von 763 MWp ernüchternd. Das Endkundeninteresse ist groß, kommt aber nur bedingt in den Auftragsbüchern an. Politik und Branchenvertretungen sollten dafür sorgen, dass sich diese Entwicklung nicht weiter verstetigt.
Kleinanlagensegment 50 % unter Vorjahr
Die fehlende Nachfrage beschränkt sich nicht mehr nur auf das Kleinanlagensegment (das sich im Vergleich zum Vorjahr halbiert hat) und den mittlerweile seit drei Monaten schwächelnden C&I-Bereich. Inzwischen herrscht auch bei Anbieter/innen großer Freiflächenanlagen Katerstimmung. Hier liegen die Zahlen im zweiten Monat in Folge unter 2024.
Aufgrund der erwarteten Nachmeldungen von etwa 10 % wird sich der April final wahrscheinlich über dem Ergebnis für März einordnen. Trotzdem verharrt der Zubau im zweiten Monat in Folge auf einem Niveau, das meilenweit unter dem gewünschten Ausbaukorridor von 1,62 GWp monatlich liegt.
Es bleibt zu hoffen, dass Politik und Branchenvertretung angesichts dieser Entwicklung nun endlich aufwachen, wenn ein weiterer Absturz vermieden werden soll.
Die Zahlen im Detail:
Endkundeninteresse weicht auf Plugin-PV aus
Positive Nachrichten kommen aktuell nur aus dem Segment der Plugin-Anlagen (auch Balkon- oder Steckersolar-Anlagen genannt). Der Anteil dieses Typs am Markt der Anlagen unter 10 kWp Leistung beträgt inzwischen mehr als 37 %.
Laut Umfragen will jede/r zweite Hausbesitzer/in in Kürze eine PV-Anlage installieren, aber was hält sie zurück? Vielleicht wird das Interesse von windigen Lockangeboten aggressiv werbender Internetanbieter/innen mit fehlender Beratung und mangelhafter Ausführung abgeschreckt.
"Diese ausschließlich profitorientierten Startups versprechen das Blaue vom Himmel und verbrennen so einen großen Teil der Nachfrage", stellt EWS-Firmengründer Kai Lippert genervt fest. Sein Sohn und EWS-Geschäftsführer Jan Paul Dahm würde diesem Treiben gern etwas entgegensetzen und ergänzt: "Wir werden jetzt wieder mehr dahingehend investieren, das Endkundeninteresse zeitgemäß einzufangen und für die Beratung bzw. Belieferung durch unsere lokalen Fachhandwerkspartner/innen vorzuqualifizieren."
Weiterhin kein Durchbruch im Speichermarkt
Auch bei den Speichern bleibt der prognostizierte und lang ersehnte Durchbruch bisher leider aus. Unsere Analyse zeigt ein Minus von über 40 % im Vergleich zu Vormonat und -jahr.
Die neue Wirtschaftsministerin Katharina Reiche hat angekündigt, das Stromsystem flexibilisieren zu wollen, und möchte in diesem Zusammenhang dynamische Stromtarife stärken, bidirektionales Laden unterstützen sowie den Ausbau systemdienlicher Speicherkapazitäten vorantreiben. Energiespeichern käme damit eine wichtige Rolle zu, was sicherlich zu einem Erstarken der Speichernachfrage führen würde. Dieser für sich sinnvolle Ansatz darf nur nicht durch falsche Entscheidungen an anderer Stelle torpediert werden.
Realitätscheck für die Energiewende
Weitere Äußerungen der neuen Ministerin zu Gestaltung der Energiepolitik hingegen sind angesichts der wenig zufriedenstellenden Zahlen leider eher kritisch zu verstehen. Trotz aller Erfolge sei ein Realitätscheck für die Energiewende nötig, denn der EE-Ausbau habe Kosten etwa für Netzausbau und Netzengpässe verursacht, so Reiche, die sich deshalb für den schnellen Zubau von neuen Gaskraftwerken und mehr Technologieoffenheit in der Energiepolitik ausspricht. Unsere Interessenverbände sind hier aufgerufen, gegenzusteuern und neue Impulse für ein Ankurbeln des Marktes einzufordern. "Sonderabschreibungen für PV-Gewerbeanlagen, die das Netz entlasten, wären nach wie vor das wirkungsvollste Mittel für eine schnelle und kosteneffektive Energiewende", betont Kai Lippert seit langem.
Weitere Auswertungen zur Entwicklung des Zubaus sowie Details zur Einspeisevergütung finden Interessierte unter dem nachfolgenden Link.